Bibliothek: Abteil 7

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Erik schlenderte gedankenverloren durch die riesige Bibliothek und strich über verschiedenste Buchrücken bis er im Abteil 7 landete, wo er für einige Momente verweilte. Der Geruch von alten Büchern, berührten und unberührten Seiten und Abenteuern, ferne Länder und Wissen lag in der Luft. So ein Ort hatte für Erik schon immer etwas magisches an sich. Ohne zu merken bei welcher Kategorie von Büchern er sich gerade aufhielt bzw. bei welchem Abteil, setzte er sich auf den großen Tisch um aus dem Fenster aufs Meer zu schauen und nachzudenken.
Ich hoffe Liv-Ciel ist bald fertig mit ihren Gesprächen. Es ist unheimlich, aber ich vermisse sie irgendwie, ihr strahlendes Lachen und ihre unbekümmerte Art, die durchaus auch ernst werden kann, ihre Sorge um jeden einzelnen Schüler. Ich sollte damit aufhören.
Trotz allem dachte er in Bildern weiter, an sein Aufnahmegespräch, an die peinliche Begegnung in seinem neuen Haus, an das Gespräch im Garten und an den flüchtigen Kuss auf die Wange. Er griff sich erneut an dieselbe Stelle.

Liv-Ciel kam fröhlich pfeifend in die Bibliothek, erleichtert darüber, dass sie die Gespräche beendet hatte.
So gerne sie die Schüler hatte, es war doch anstrengend. Später würde sie noch nach den Neuankömmlingen,
den Scherbenengeln sehen. Jetzt aber brannte sie darauf Erik zu sehen. Abrupt verstummte ihre Pfeifen, als sie
dessen Gedanken hörte. Er vermisste sie. Ein Glücksgefühl kam in ihr auf und sie ging den Bildern aus seinem Kopf
nach, bis sie ihn schließlich an einem Tisch sitzend fand. "Na, mein einsamer Krieger?", begrüßte sie ihn.

Erik wandte sich mit einer enormen Schnelligkeit in die Richtung, woher die Stimme kam und schon konnte er in das fröhliche Gesicht Liv-Ciels blicken.
Ein strahlendes Lächeln wanderte über seine Lippen.
"Tja einsam, da hast du wohl recht. Wie gehts meiner Gedankenleserin? Wie waren die Gespräche?"
Es gefiel ihm auf unerklärliche Weise "meine Gedankenleserin" zu sagen, besonders wohl das "meine", auch wenn er damit keinen Besitz ausdrücken wollte. Es war ihm einfach so rausgerutscht. Erik wollte damit wohl eher eine Art Verbindung ausdrücken, da sie sich ja schon ein wenig kannten.

Belustigt verfolgte sie seine Gedanken bezüglich des "meine Gedankenleserin".
Sie ging zu ihm und ließ sich auf einen Stuhl sinken. "Deine Gedankenleserin ist ein wenig erschöpft", gab sie zu.
"Aber die Gespräche waren sehr interessant. Es sind so viele unterschiedliche Engel hier" Sie runzelte leicht die Stirn.
"Später muss ich noch zu den Zimmern der Schüler. Zwei Scherbenengel sind hier angekommen. Sie haben mich gebeten,
sie auf die Schule aufzunehmen, weil sie keine mehr sein wollen. Ich habe sie erstmal ein Zimmer aussuchen lassen, um das
Formale kümmere ich mich später, sie sollten sich erst einmal ein wenig einleben"

Er schüttelte leicht den Kopf.
"Es ist immer wieder tragisch, dass so viele, noch fast im Kindesalter, fallen müssen, weil ihre Eltern oder sonst wer sie dazu bringt."
Sie hat "deine" verwendet.
"Aber das kann ich mir vorstellen, dass die Gespräche interessant waren, so viele neue Charaktere kennenzulernen. Natürlich war es auch anstrengend, verständlich, aber jetzt kannst du dich ja erholen. Willst du vielleicht woanders hingehen? Bei so vielen Büchern entspannen....ich weiß nicht. Wir könnten....keine Ahnung wohingehen, ich hab mich ja vorher hierher verirrt, also solltest besser du entscheiden, wo du hinmagst."
Erik lächelte.
Solange wir beide wohin gehen, bin ich total entspannt.
Verdammt, du kannst das hören....wie kann man denken, ohne denken zu wollen?

Sie lachte und legte ihre Hand auf seinen Arm "Du kannst nicht aufhören zu denken, nur weil du es willst. Das macht es eigentlich sogar schlimmer. Außerdem sind deine Gedanken angenehm zu lesen" Sie zwinkerte ihm zu und stand auf.
"Gut, dann lass uns ins Musikzimmer gehen. Ich brauche ein wenig Entspannung da ist Musik genau das Richtige"
Liv-Ciel wartete ab, ob er zustimmen würde.

"Musik? Ja, also gegen Musik habe ich nichts einzuwenden, auch wenn ich ein totaler musikalischer Unfall bin, das heißt man sollte mich am besten nicht singen und kein Instrument spielen lassen, dafür bin ich ein guter Zuhörer und Genießer der Musik. Man könnte es so formulieren ich bin, was die Musik betrifft, ein Konsument."
Er lachte leicht und fragte dann, während er aufstand und ihr seinen Arm anbot, damit sie sich einhacken konnte:" Welche Beziehung hast du zu der Musik?"
Er sah ihr genau in die so faszinierenden Augen.

Munter hakte sie sich bei ihm ein. "Man könnte wohl sagen ich bin ein Produzent", lachte sie.
"Ich spiele Geige und Klavier, singen kann ich auch einigermaßen. Meine Mutter war Musikerin mit Leib und Seele.
Sie hat mir das beigebracht" Schon immer hatte Musik ihr gutgetan. Wenn sie als Kind nicht hatte schlafen können,
hatte ihre Mutter ihr immer etwas vorgespielt oder vorgesungen. Es war wie ein Pflaster für seelische Wunden.

Erik grinste lausbübisch.
"Tja, also ich finde Musikerinnen ja sehr anziehend und..."...sexy.
Er lachte, sah sie dann wieder an.
"Nein im Ernst, also ich höre einer Musik produzierenden Gedankenleserin sehr gerne zu, wenn ich darf."
Seine Gesichtszüge wurden wieder ernster, erwachsener.

Sie lachte und stieß ihn spielerisch in die Seite. "Du darfst", entschied sie.
Mit einem kurzen Kraftaufwand verschwanden sie aus der Bibliothek.
Ich liebe teleportieren...
>>Das Musikzimmer